Jeder Mensch besitzt einen Ischiasnerv. Einige werden sich dessen jedoch erst bewusst, wenn er Probleme macht. Denn solange wir gesund sind, fällt uns der lange Nerv an der Rückseite unseres Beins gar nicht weiter auf.
Eine Ischialgie, also wörtlich übersetzt ein Schmerz im Bereich des Versorgungsgebiets des Ischiasnervs, tritt meistens im Zusammenhang mit Rückenschmerzen auf. Dann beschränken sich die Schmerzen nicht mehr nur auf den Rücken, sondern ziehen hinunter bis ins Bein.
Wenn der Ischias Schmerz dann auftritt, denken viele sofort an einen eingeklemmten Nerv. Diesen Mythos möchte ich jedoch gleich zu Beginn aus dem Weg schaffen.
Unser Nervensystem ist ein riesiges Netz aus vielen größeren und kleineren Nerven. Alle sind miteinander verbunden. Und bei jeder Bewegung, die wir machen, bewegt sich, genau wie unsere Sehnen, Muskeln und Knochen auch das Nervensystem mit.
Dafür müssen die Strukturen natürlich ganz schön biegsam und geschmeidig sein. Daher weiß man nun schon seit Jahren, dass es unmöglich ist, sich einen Nerv einzuklemmen.
Aber woher kommen denn jetzt die Schmerzen? Welche Symptome macht der irritierte Nerv und was kannst du dagegen tun?
Auf all diese Fragen werde ich dir im Beitrag ausführliche Antworten liefern.
Klären wir also erst einmal grundlegend, wann eine Ischialgie vorliegt.
Eine Ischialgie oder auch Lumboischialgie genannt liegt vor, wenn Schmerzen, die ihren Ursprung im Rücken haben, bis ins Bein ausstrahlen.
Am häufigsten tritt dies beim Bandscheibenvorfall auf. Aber auch Veränderungen der Wirbelsäule im Alter können manchmal diesen Ischias-Schmerz auslösen.
Die Schmerzen werden allerdings nicht, wie viele glauben, nur durch den erhöhten Druck verursacht. Die Komponente, die den Schmerz wirklich auslöst, ist eine Entzündung.
Wenn unser Körper merkt, dass an dieser Stelle etwas nicht stimmt, sendet er Abwehrzellen aus. Diese sind damit beschäftigt, den flüssigen Kern der Bandscheibe zu zersetzen, der beim Bandscheibenvorfall austritt.
Sie lösen also eine Entzündungsreaktion aus. Du kannst es dir vorstellen, wie bei einem Schnupfen. Der Körper kämpft gegen den Störenfried an. Die Entzündung tritt auf, um den Körper wieder zu heilen.
Keine Angst. Es ist sogar gut, dass das passiert. Denn genau dieser Prozess ermöglicht, dass ein Bandscheibenvorfall auch ohne OP verheilen kann.
Das passiert allerdings nicht ohne lästige Nebenwirkungen. Die Entzündung irritiert die Nervenwurzel an ihrer Austrittsstelle an der Wirbelsäule.
Der Nerv ist dadurch sensibel und sendet falsche Signale in sein Versorgungsgebiet im Bein, welche du dann als Schmerz, Taubheit oder Kribbeln wahrnimmst.
Allerdings ist der Nerv nicht verletzt und kann sich so auch gut wieder erholen.
Es gibt allerdings noch weitere Krankheitsbilder, die zu Ischiasbeschwerden führen können.
Hier sind einige Beispiele:
Der Ischiasnerv wird gebildet aus den untersten Nervenwurzeln unserer Wirbelsäule. Da die Nervenwurzel betroffen ist, spricht man auch oft von radikulären Schmerzen (Radix = Wurzel).
Sie treten aus dem Rückenmark der Wirbelsäule aus, verflechten sich und werden schließlich zu einem Nerv, der so dick werden kann wie dein kleiner Finger.
Nerven haben ein bestimmtes Gebiet, das sie versorgen. Das bedeutet, sie sind zuständig dafür, Informationen zwischen diesem Gebiet und dem Zentralen Nervensystem, also Gehirn oder Rückenmark, auszutauschen.
Stößt du dich also beispielsweise an der Rückseite deines Beins, ist der Ischiasnerv dafür verantwortlich, dass du das Ganze spüren kannst.
Ist er jedoch sensibilisiert, kommt es zu einer Reihe an Symptomen:
Wichtig: Die Symptome treten immer nur einseitig auf; auf der Seite, auf der die Entzündung vorliegt.
So schlimm sich das Ganze jetzt angehört hat, ist es jedoch nicht. Wie ich dir in meinem Artikel zum Bandscheibenvorfall schon erklärt habe, bilden sich die meisten Vorfälle von selbst wieder zurück.
Die Entzündung baut die überschüssige Masse ab und verkleinert sich. Sobald die Entzündung weg ist, sollten auch deine Symptome wieder verschwinden.
Das heißt, nur weil die Schmerzen nun da sind, werden sie dich nicht für den Rest deines Lebens begleiten. Es gibt wirksame Therapien, die zur Behandlung von Ischias eingesetzt werden.
Und keine Sorge, nur in den seltensten Fällen hat das etwas mit einer OP zu tun.
Um den beängstigenden Teil nun zuerst hinter uns zu bringen:
Es gibt Situationen, in denen sich eine OP nicht mehr vermeiden lässt. In deutlich unter 1% der Fälle kann es zu erhöhtem Druck auf das Rückenmark kommen. Man nennt das Cauda-Equina-Syndrom.
Symptome, die dann auftreten, sind:
Falls eins oder mehrere dieser Symptome auftreten, sollte man sofort einen Arzt aufsuchen, um so schnell wie möglich eine Behandlung einzuleiten.
Ansonsten greift man erst mal auf eine konservative Therapie zurück. Nach 12 Wochen wird dann nochmal überprüft, ob sich die Symptome verbessert haben. Bei den Untersuchungen reicht in den meisten Fällen die Untersuchung des Arztes aus. Ein MRT wird nur in Ausnahmefällen benötigt.
Wie genau diese konservative Behandlung aussehen sollte, erzähle ich dir jetzt.
Ein gesunder Nerv kann sich uneingeschränkt in unserem Körper bewegen. Bei Ischiasbeschwerden kommt es dann aber dazu, dass der Nerv nicht mehr richtig über das umliegende Gewebe gleiten kann.
Es gibt jedoch Übungen, die die Beweglichkeit des Nervensystems wieder verbessern können. Der Nerv kann sich aufgrund der Übungen dann nach einiger Zeit wieder erholen.
Aber nicht nur die spezifischen Übungen helfen dabei, den Nerv wieder fit zu machen. Auch ganz normale Alltagsbewegungen wie Gehen, sich strecken und bücken führen zu einer Mobilisation des Nervensystems.
Im Mittelpunkt steht also wieder die Aktivität. Bewegung ist auch hier das Heilmittel der Wahl. Der Nerv profitiert von der Bewegung und von einer besseren Blutversorgung und kann so besser gesund werden.
Zusätzlich kann eine manuelle Therapie positive Effekte bringen. Verzichten kannst du bei der Genesung auf Akupunktur, Traktion und Elektrotherapie. Diese scheinen Studien zufolge keinen Effekt auf die Ischialgie zu haben.
Schmerzmedikamente helfen dir zwar nicht bei der Genesung, können aber kurzfristig eingesetzt werden, um mehr Aktivität zu ermöglichen.
Kortison- oder Schmerzmittelinjektionen in Form einer Spritze sollten erst angewendet werden, wenn die oben genannte Therapie nach 12 Wochen keine Wirkung zeigt!
Angepasst auf deine Symptome solltest du mit einem Physiotherapeuten ein individuelles Übungsprogramm zusammenstellen, das sich an deinen persönlichen Zielen orientiert.
Die Sache hat nur einen Haken. Es dauert oft ziemlich lange, bis du vor Ort einen Termin beim Physiotherapeuten ergatterst. Bis dahin ist oft schon die erste Phase des Schmerzes überwunden.
Daher bekommst du hier von mir einige Übungen, mit denen du sofort beginnen kannst, ohne eine halbe Ewigkeit auf deinen Termin zu warten.
Die folgenden Übungen haben alle das Ziel, das Nervensystem zu mobilisieren:
Alle der oben gezeigten Übungen führen zu einer Mobilisation und Dehnung des Nerven und der umliegenden Muskulatur.
Führe die Übungen täglich durch. Du benötigst nicht einmal 15 Minuten dafür.
Achtung:
Da wir mit diesen Übungen das Nervensystem beeinflussen, gibt es Folgendes zu beachten:
Also, jetzt bist du dran! Probier die Übungen aus und beobachte, welchen Einfluss sie auf deine Beschwerden haben.
Nutze hierfür gerne mein Schmerztagebuch. Damit kannst du verfolgen, wie du dich Tag für Tag fühlst, um den Überblick nicht zu verlieren.
Viele meiner Patienten sind verzweifelt, weil sie nicht täglich eine große Verbesserung ihrer Symptome sehen. Ich erinnere sie dann gerne, wie die Situation zu Beginn unserer Therapie war und erst dann können viele sehen, wie weit sie schon auf ihrem Weg gekommen sind. Ein Schmerztagebuch hilft dir den Überblick nicht zu verlieren und herauszufinden, was dir gut tut.
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