Lerne in diesem Artikel, deine Rückenschmerzen besser zu verstehen, um ihrer Ursache auf den Grund zu gehen und um besser damit umzugehen.
Wer kennt es nicht, ein brennender, dumpfer oder stechender Schmerz im unteren Rücken, der uns manchmal tagelang begleitet. 70% der Deutschen leiden jährlich an einer Rückenschmerzepisode, was sie zur Volkskrankheit Nummer eins macht. Frauen sind dabei häufiger betroffen als Männer.
Zumeist treten die Schmerzen im unteren Rücken auf, können jedoch ganz unterschiedlich in ihrer Ausprägung und Intensität sein. Bei manchen tritt eine erhöhte Spannung mit leichtem dumpfen Schmerzgefühl auf. Bei anderen hingegen schießt der Schmerz bei einer falschen Bewegung geradezu in den Rücken.
In meinem Alltag als Physiotherapeutin behandle ich täglich Menschen mit Rückenbeschwerden. Die meisten Betroffenen wünschen sich eine schnelle und einfache Lösung ihrer Probleme. Eine Massage oder Wärmepackung von meinem Therapeuten und das Ganze wird schon wieder, denken sich viele.
Auch wenn ich nicht abstreiten kann, dass diese Therapiemethoden eine kurzfristige Linderung der Symptome erreichen können, ist die Anwendung für mich im Therapiealltag keine Option. Studien belegen, dass solche passiven Therapiemaßnahmen keinen langfristigen Effekt zeigen.
Aktive Übungen zur Verbesserung der Kraft und Beweglichkeit zeigen hingegen auch über einen längeren Zeitraum eine Schmerzlinderung. Doch meiner Meinung nach ist damit nicht genug. Für mich ist es wichtig, dass Betroffene verstehen, woher ihre Schmerzen kommen.
Im Folgenden werde ich mit dir Schritt für Schritt durchgehen, wie du dein Schmerzgeschehen besser einordnen kannst und dir die häufigsten Risikofaktoren genau und verständlich erklären. Mein großes Ziel ist es, dir die Zügel in die Hand zu geben, sodass du selbstbestimmt und aktiv an deiner Genesung arbeiten kannst, um den Weg in ein schmerzfreies Leben zu gehen.
In der Medizin unterscheidet man je nach Dauer der Schmerzen in chronische und akute Rückenschmerzen.
Die Symptome chronischer Rückenschmerzen treten in der Regel schleichend auf und halten länger als sechs Wochen an. Chronische Schmerzen werden meistens nicht durch ein bestimmtes Ereignis verursacht und sie verschwinden auch nicht einfach ohne medizinische Behandlung.
Sie unterscheiden sich von akuten Rückenschmerzen, die eher plötzlich auftreten und innerhalb von zwei bis sechs Wochen wieder verschwinden.
Da chronische Schmerzen lange andauern, vermeidet man oft körperliche Aktivitäten oder kompensiert sie auf andere Weise, was die Schmerzen auf lange Sicht noch verschlimmern kann.
Statistisch gesehen ist das Risiko, an Rückenschmerzen zu leiden für Personen, die schon einmal Rückenschmerzen hatten, doppelt so hoch wie für Personen ohne vorherige Schmerzepisoden.
Falls du auch schon einmal von solchen Schmerzen im unteren Rücken, ob akut oder chronisch, betroffen warst, hast du dich sicher gefragt woher die Schmerzen denn eigentlich kommen.
Wenn man die Ursache der Beschwerden untersuchen möchte, wird grundsätzlich zwischen spezifischen und unspezifischen Rückenschmerzen unterschieden.
Bei den spezifischen Rückenschmerzen lässt sich ein eindeutiger Auslöser für die Symptomatik in einer anatomischen Struktur der Wirbelsäule finden.
Sprich, die Bänder, Gelenke oder Knochen zeigen in bildgebenden Verfahren wie Röntgen oder MRT eine krankhafte Veränderung. Beispiele hierfür wären der Bandscheibenvorfall, eine Spinalkanalstenose, Osteoporose oder ein Wirbelbruch.
Das ist allerdings nur bei 10% der Fälle die Ursache.
Viel häufiger treten unspezifische Rückenschmerzen auf. Das heißt also, dass kein konkreter Auslöser ausfindig gemacht werden konnte. Etwa 90% der akuten Kreuzschmerzen werden dieser Gruppe zugeordnet.
Oft ist es unzufriedenstellend, diese Diagnose vom Arzt zu hören. Deine Schmerzen sind nur allzu real, dennoch kann kein wirklicher struktureller Auslöser gefunden werden.
Das heißt also im Grunde genommen sind deine Knochen, Gelenke, Bandscheiben und Bänder der Wirbelsäule gesund. Trotzdem ist der Schmerz da und es gibt auch Gründe, warum dieser auftritt.
Ich werde dir nun die 6 häufigsten Ursachen von Rückenschmerzen verständlich für dich zusammenfassen, damit du in Zukunft besser damit umgehen kannst.
Muskelverspannungen, ausgelöst von einer schlechten Körperhaltung, sind eine häufige Ursache für Rückenschmerzen.
Einer der Hauptgründe ist der moderne Lebensstil, der oft lange Stunden des Sitzens erfordert, sei es am Schreibtisch, vor dem Fernseher oder am Computer. In diesen Positionen neigen viele Menschen dazu, eine nach vorne gebeugte Haltung einzunehmen, wodurch der obere Rücken gerundet wird und die Schultern nach vorne fallen. Dies führt zu einer Überdehnung bestimmter Muskeln im oberen Rücken- und Schulterbereich, während andere Muskeln im unteren Rücken und im Bauch geschwächt werden.
Aber die gebeugte Haltung an sich ist dabei gar nicht selbst der Auslöser. Viel mehr die Dauer in der man in ein und derselben Position verweilt ist ausschlaggebend. Denn unsere Wirbelsäule ist für Bewegung gemacht und benötigt viel Abwechslung um gesund zu bleiben.
Ein weiterer Faktor ist die fehlende Aufmerksamkeit für die Körperhaltung bei alltäglichen Aktivitäten, wie Heben schwerer Gegenstände. Ohne korrekte Techniken können diese Aktivitäten bei häufiger Durchführung zu einer Überlastung der Wirbelsäule führen und das Risiko für Rückenschmerzen erhöhen.
Eine schlechte Körperhaltung beeinträchtigt auch die Durchblutung und die Nervenversorgung. Durch eine verminderte Durchblutung werden die Muskeln nicht ausreichend mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt, was zu Verspannungen und Schmerzen führen kann.
Rückenschmerzen sind häufig mit einem inaktiven Lebensstil und einer schwachen Muskulatur verbunden.
Mangelnde körperliche Aktivität führt dazu, dass unsere Muskeln schwächer und weniger flexibel werden. Zusätzlich kann eine schwache Rücken- und Bauchmuskulatur die Wirbelsäule weniger effektiv stabilisieren, was zu einer übermäßigen Belastung und letztendlich zu Rückenschmerzen führen kann.
Wenn wir nicht regelmäßig aktiv sind und unsere Muskeln nicht stärken, wird die Wirbelsäule weniger gut geschützt und anfälliger für Verletzungen und Schmerzen.
Daher ist es wichtig, regelmäßig Sport und Bewegung in unseren Alltag zu integrieren, um die Muskulatur zu stärken, die Flexibilität zu verbessern und die Gesundheit der Wirbelsäule zu erhalten.
Dies trägt dazu bei, Rückenschmerzen vorzubeugen und ihre Häufigkeit und Schweregrad zu reduzieren. Gymnastik, Krafttraining und Ausdauersport sind bestens geeignet, um dem Abbau der Muskulatur entgegenzuwirken und Rückenschmerzen effektiv vorzubeugen.
Psychischer Stress kann eine bedeutende Rolle bei der Entstehung von Rückenschmerzen spielen.
Eine der Hauptursachen ist die erhöhte Muskelspannung, die durch Stress ausgelöst wird. Wenn Menschen gestresst sind, spannen sie oft unbewusst ihre Muskeln an, insbesondere im Nacken-, Schulter- und oberen Rückenbereich. Diese angespannten Muskeln können zu Verspannungen führen, die wiederum Rückenschmerzen verursachen.
Aber nicht nur das, psychischer Stress beeinflusst auch die Schmerzwahrnehmung, sodass Menschen empfindlicher auf bereits vorhandene Rückenprobleme reagieren können.
Darüber hinaus führt chronischer Stress zu einer erhöhten Produktion von Stresshormonen wie Cortisol, die Entzündungen im Körper fördern. Diese Entzündungen können wiederum die Intensität und Dauer von Rückenschmerzen verstärken.
Doch damit nicht genug. Unsere Psyche kann auch selbst zum Auslöser von Rückenschmerzen werden. Dies wird als psychosomatischer Schmerz bezeichnet und wird durch psychologische Faktoren wie Angst, Depressionen oder Stress ausgelöst.
Um die Auswirkungen von psychischem Stress auf den Rücken zu minimieren, ist es wichtig, Stressmanagement-Techniken zu erlernen und zu praktizieren. Dazu gehören Entspannungsübungen, Meditation, regelmäßige körperliche Aktivität und ein gesunder Lebensstil.
Eine weitere Ursache liegt in der übermäßigen Abnutzung der Wirbelsäule und ihrer umliegenden Strukturen.
Dies passiert auf ganz natürlichem Wege mit dem Alter. Wenn wir älter werden, durchläuft unsere Wirbelsäule verschiedene Veränderungen, die Einfluss auf unsere Rückengesundheit haben können.
Eine dieser Veränderungen ist die Abnutzung der Bandscheiben, die als Polster zwischen den Wirbeln dienen. Im Laufe der Zeit können diese Bandscheiben dünner werden und an Elastizität verlieren, was zu Rückenschmerzen und Steifheit führen kann.
Außerdem können sich die Wirbelkörper im Alter verändern. Sie können sich zusammenziehen oder knöcherne Wucherungen entwickeln und zu einer Verengung des Wirbelkanals führen.
Es ist wichtig zu verstehen, dass diese Veränderungen Teil des normalen Alterungsprozesses sind.
Allerdings gibt es Möglichkeiten, sie zu verlangsamen und ihre Auswirkungen zu minimieren. Dazu gehören regelmäßige Bewegung, insbesondere Übungen zur Stärkung der Rückenmuskulatur und zur Verbesserung der Flexibilität, eine gesunde Ernährung, ausreichend Flüssigkeitszufuhr und die Vermeidung von Rauchen.
Ja, richtig gehört, Rauchen beeinflusst tatsächlich Rückenschmerzen und zwar aus verschiedenen Gründen.
Erstens schränkt Rauchen die Durchblutung ein, was bedeutet, dass weniger Sauerstoff und Nährstoffe zu den Muskeln und Geweben im Rücken gelangen. Dies kann zu Verspannungen und Steifheit führen, die Rückenschmerzen verursachen können. Zudem kann es dazu führen, dass die Bandscheiben weniger Wasser und Nährstoffe aufnehmen, was zu einer Verschlechterung der Bandscheiben und einem erhöhten Risiko für Bandscheibenvorfälle führt.
Ein weiterer Effekt ist, dass Rauchen Entzündungen im Körper fördert, was dazu beiträgt, dass Rückenschmerzen länger anhalten oder schwerwiegender werden.
Zu einer übermäßigen Abnutzung kommt es auch durch Übergewicht. Das zusätzliche Gewicht belastet die Wirbelsäule und ihre umliegenden Strukturen, was Rückenschmerzen verursachen oder bestehende Schmerzen verschlimmern kann.
Darüber hinaus produziert Fettgewebe Substanzen, die Entzündungen im Körper fördern können. Entzündungen verstärken den Schmerz und erschweren die Heilung von Verletzungen oder Erkrankungen im Rückenbereich.
Dies sind die 5 Risikofaktoren, die zu Rückenschmerzen führen können. Ja richtig gelesen. Ich habe nicht umsonst so oft das Wörtchen „kann“ verwendet.
Denn das Krankheitsbild der Rückenschmerzen ist äußerst komplex und an den Ursachen von unspezifischen Rückenschmerzen wird bis heute geforscht.
Die Forschungsgruppen scheinen sich jedoch über eine Sache einig zu sein. Nämlich, dass es nicht den einen Auslöser gibt. Viel eher ist es ein Mix aus vielen körperlichen und psychosozialen Faktoren, die eine Rolle spielen.
Und selbst bei einer bestimmten Kombination aus Risikofaktoren kann nicht gesagt werden, dass ein Schmerz auftreten muss. Es ist nämlich so, dass selbst wenn bei den Untersuchungen ein Schaden an der Wirbelsäule sichtbar wird, viele Patienten trotzdem überhaupt keinen Schmerz haben.
Das deutet wiederum darauf hin, dass unter anderem unsere Schmerzwahrnehmung, unser Umgang mit den Schmerzen und unsere Zufriedenheit im Job und im Privatleben von großer Bedeutung sind.
Eine negative Einstellung und überängstlicher Umgang mit Rückenschmerzen führen oft zu einem Teufelskreis aus Inaktivität und Schmerzzunahme.
Ich hoffe, dass du mit dem neu entdeckten Wissen erkennst, dass deine Rückenschmerzen mit hoher Wahrscheinlichkeit doch nicht von einer schwerwiegenden Erkrankung stammen, sondern eher eine Kombination schlechter Angewohnheiten der Auslöser ist.
Nimm kleine Veränderungen in deinem Alltag vor. Gehe beispielsweise spazieren, melde dich in einer Sportgruppe an und achte im Laufe des Tages auf deine Haltung.
Am Anfang mag es schwierig erscheinen. Das geht uns doch allen so. Was meiner Erfahrung nach meinen Patienten oft am meisten hilft, ist, sich ein spezifisches Ziel zu setzen.
Und vergiss nicht, du bist nicht allein. Frag doch einfach deine Kollegin oder deinen Kollegen, ob sie in der Mittagspause mit dir spazieren gehen. Oder triff eine Vereinbarung mit deinem Partner oder deiner Partnerin, dass ihr euch gegenseitig während des Alltags an eine gute Haltung erinnert.
Es muss zu Beginn nichts Weltbewegendes sein. Die Kleinigkeiten machen oft schon einen großen Unterschied!
Und falls du mehr darüber lesen willst, welche Therapien wirklich helfen, lies hier meinen Artikel über wissenschaftlich fundierte Therapiemöglichkeiten.